Sonntag, 25. März 2012

Prolog im Himmel

Der "Prolog im Himmel" ist der letzte von den drei Texten, die der Tragödie vorangestellt sind. Es ist ein klassischer Prolog, der dem Publikum den Einstieg in das Theaterstück erleichtern soll, indem es die wichtigsten Personen sowie den Konflikt vorstellt und einen Teil der Handlung, womöglich sogar das Ende andeutet. 

Zu Beginn sprechen die drei Erzengel Raphael, Gabriel und Michael und preisen die Schöpfung des Herren ("Und alle deine hohen Werke / Sind herrlich wie am ersten Tag", V. 269-270) und seine Allmächtigkeit. Diese wird beispielsweise in den Versen 252-253 deutlich, in denen Gabriel von dem Wechsel zwischen "Paradieseshelle" (V. 252) und "tiefer, schauervoller Nacht" (V. 253) beschreibt. Dieses Beispiel zeigt, dass Gott sowohl über die unendliche Schönheit des Paradieses als auch über die Tiefe und Ungewissheit der Nacht verfügt und nach seinem Willen walten lassen kann. Den Engeln zufolge hat Gott ein sanftes Wesen, welches sie verehren (Vgl. V. 265-266). Im Gegensatz dazu wirft Mephistopholes dem Herrn vor, sich nicht recht um die Menschen zu kümmern ("Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.", V. 280) und behauptet, der Mensch würde besser leben, hätte Gott "ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben" (V. 284). Denn der Mensch eifere nun diesem Schein hinterher, jedoch bleibe er dabei erfolglos, was ihn wiederum unglücklich mache. Der "Schein" (V. 284) kann dabei zwei Bedeutungen annehmen: Zum einen den Schein des Lichtes, welcher als Symbol für die Erkenntnis steht. Andererseits kann der Schein auch für das Scheinbare, nicht Reale stehen. In diesem Fall würde Mephistopholes anzweifeln, dass es das wahre Himmelslicht, die echte zu Gott führende Erkenntnis überhaupt gibt. Daraufhin gehen Mephistopholes und der Herr eine Wette ein. Mephistopholes ist davon überzeugt, er könne Faust, einen Doktor, der die Wege des Herren erforscht, von dem Glauben an Gott abbringen.  Der Herr geht die Wette ein und gestattet Mephistopholes den Versuch, "solange er auf der Erde lebt" (V. 315). Da Gott derjenige ist, der die Regeln für diese Wette aufstellt und der christlichen Theorie zufolge auch über Leben und Tod der Menschen entscheidet, scheint die Niederlage des Mephistopholes bereits beschlossen. Der Satz "Es irrt der Mensch, solang er strebt" (V. 317) zeigt außerdem, dass es für Gott nicht wichtig ist, ob der Mensch ihm zweifelsfrei gehorcht oder nicht. Wichtig ist für ihn bloß, dass er den Glauben anstrebt und sich versucht, der Versuchung durch den Teufel zu widersetzen. Er räumt dem Menschen aber Fehler und Irrtümer ein. Diese Toleranz verschafft ihm einen weiteren Vorteil gegenüber Mephistopholes, dem es zum Gewinnen der Wette gelingen muss, dass sich Faust endgültig von Gott abwendet. 

Mit der Wette um den "Urquell" (V. 324) des Menschen, stellt Goethe zunächst das Wirken Gottes zur Diskussion. In der christlich orientierten Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zweifelten nur wenige an der Existenz Gottes. Sie nahmen ihn als oberste Instanz wahr und betrachteten ihn als selbstverständlich. Möglicherweise fordert Goethe den Menschen mit dieser Frage zu mehr Reflexion oder einem bewussteren Glauben auf. Allgemeiner thematisiert der Dichter damit die Grundsatzfrage, ob der Mensch gut oder böse sei, ob er sich im Zweifel für den rechten oder den unrechten Weg entscheiden würde. 

In Bezug auf das "Vorspiel auf dem Theater" vereint Goethe mit dieser Frage alle drei Ansprüche an das Theater. Die vom Dichter geforderte Tiefe des Stücks ist mit einer derart komplexen Frage ebenso gegeben wie die vom Direktor gewünschte Sensation, die durch die Erschütterung eines für selbstverständlich erklärten Weltbildes hervorgerufen wird. Da sich vermutlich die meisten Menschen bereits einmal zwischen dem rechten und dem unrechten Weg entscheiden mussten, findet sich auch jeder in diesem Theaterstück wieder, womit auch der Anspruch der lustigen Person erfüllt wäre, das Publikum durch Vorführen des eigenen Verhaltens zu belehren. 

Vorspiel auf dem Theater

Zweifelsohne ist Johann Wolfgang von Goethes Tragödie "Faust - erster Teil" ein Klassiker. Dementsprechend hoch sind meine Erwartungen an dieses Werk. Doch nicht nur an das Werk selbst habe ich große Erwartungen. Auch von meiner Auseinandersetzung mit diesem Werk verspreche ich mir viel, da ein echter Klassiker wahrscheinlich viel potenziellen Stoff beinhaltet, den ich analysieren und interpretieren kann. Doch um mich dem laut Wikipedia "[bedeutendsten] und [meistzitierten] Werk der deutschen Literatur" (wikipedia.org/wiki/Faust._Eine_Tragödie.) anzunähern, bedarf es eines Konzepts.


So frage ich mich selbstverständlich, was denn die Kriterien für eine ordentliche Auseinandersetzung mit diesem Klassiker sind. Auf der einen Seite soll es natürlich um meine persönlichen, ungestörten Gedanken zu der Lektüre gehen. Andererseits gilt es auch, dem Leser meine Gedanken zu erklären, ihn zu überzeugen und zu fesseln, um ihn so zu animieren, meinen Gedanken und demzufolge diesem Blog zu folgen. Dennoch ist es nach dem Abiturstress doch auch an der Zeit, die letzten Wochen der Schule so gut es geht zu genießen. Dieses Projekt soll Spaß machen - mir und dem Leser.

Diese drei Anforderungen, die ich soeben an meinen Blog gestellt habe, schildert Johann Wolfgang von Goethe auch in seinem "Vorspiel auf dem Theater" zu "Faust - erster Teil". Drei fiktive Charaktere vertreten in diesem Fall die drei Anforderungen, die Goethe, der selbst Dichter, Theaterdirektor und Schauspieler war, an ein Theaterstück stellt: Der Direktor verdeutlicht, dass er dem breiten Publikum, dass "an das Beste nicht gewöhnt" (Vers 45) sei, gefallen möchte, sodass es "wie in Hungersnot um Brot an Bäckertüren, /Um ein Billet sich fast die Hälse bricht" (Vers 55-56). Es geht ihm folglich ausschließlich um das Geld, welches das Theaterstück einspielt. Dazu muss es der breiten Masse gefallen, jeder muss es verstehen können und es muss viel zu sehen geben ("Die Masse könnt Ihr nur durch Masse zwingen", Vers 95). Der Dichter hingegen fordert seine künstlerische Freiheit, die für den Schaffensprozess unerlässlich ist und möchte sich nicht von dem Publikum leiten lassen ("wider Willen uns zum Strudel zieht", Vers 62). Der "Strudel" (Vers 62) deutet dabei auf einen starken Sog hin, den das Publikum auf den Dichter ausübt, der womöglich durch die Abhängigkeit der Dichter von den Einnahmen des Theaters verursacht wird. Doch diesem Sog möchte der Dichter sich entziehen, um seinem Werk nicht zu schaden. Denn ein Strudel symbolisiert gleichzeitig auch einen Abwärtstrend. So möchte der Dichter entgegen den Forderungen des Direktors kein Stück schreiben, dass aufgrund des niedrigen Niveaus jedem sofort zugänglich ist. Stattdessen wünscht er sich ein Stück, dass "der Nachwelt unverloren" (Vers 74) bleibt, statt in augenblicklichem, aber vergänglichem Glanz zu erstrahlen. Dies passt auch zur These, dass die letzte Strophe der Zueignung" als Kritik an dem Publikum zu verstehen ist. Es scheint für Goehte als Dichter von großer Bedeutung zu sein, etwas Großes, Göttliches (Vgl. Vers 66) zu schaffen.  Die lustige Person beschwichtigt die beiden anderen und betont die Wichtigkeit des Spaßes an der Arbeit und der Unterhaltung. Er schlägt vor, das "volle Menschenleben" (Vers 167) aufzugreifen, um der breiten Masse vorzuführen, wie sie tatsächlich ist. Jeder würde sich so in dem Stück wiederfinden und doch könne jeder etwas über sich und die Gesellschaft lernen ("Ein jeder sieht, was er im Herzen trägt", Vers 179). 


Für das Theater muss es folglich genauso wie für meinen Blog gelingen, eine geeignete Mischung aus den drei bereits benannten Ansprüchen zu finden. Einerseits möchte ich das, was ich schreibe, auch aus Überzeugung schreiben. Andererseits werde ich auch versuchen müssen, die Bewertungskriterien meiner Lehrerin zu erfüllen, um eine möglichst gute Note zu erreichen. Dafür muss ich meine Gedanken und Assoziationen erklären, sodass auch sie und die anderen Leser von meinem Blog überzeugt sind. Wie sich das ganze auch noch mit Spaß vereinbaren lässt, wird sich zeigen.   

Donnerstag, 22. März 2012

Zueignung

Es ist die Zeit nach dem Abitur. Die Schüler sind erleichtert, sämtliche Spannung  ist nach den schriftlichen Prüfungen und dem Vor-Abi-Stress abgefallen. Auch die Lehrer sind froh, dass sie sich nun Themen widmen können, die sie für interessant, das Bildungsministerium in Kiel jedoch nicht für wichtig genug halten. Die Arbeitsaufträge basieren auch nicht mehr auf den sechs Aufgabentypen, die wir als Vorbereitung auf die Abitur-Klausuren ständig wiederholt haben. So ist es nun ein Blog, den wir erstellen sollen. Darin sollen wir uns ausführlich und kontinuierlich mit dem Inhalt und der Sprache von Johann Wolfgang von Goethes "Faust - erster Teil" auseinandersetzen. Bevor ich nun aber mit der Auseinandersetzung mit Goethes Klassiker "Faust - erster Teil" beginne, versuche ich mich zunächst in dem Verfassen eines sogenannten Posts und probiere mich auf diese Weise im Bloggen. Schließlich ist es das erste Mal, dass ich alleine einen Blog verfasse. Zwar habe ich mit meinem besten Freund -  im übrigen auch für die Schule - bereits einen Blog verfasst, aber der Arbeitsauftrag war weniger umfangreich und freier formuliert. So sollten wir der Klasse auf kreative Weise ein selbst gewähltes Buch präsentieren. Mein bester Freund und ich erstellten daraufhin einen Blog über Sven Regeners (B)Logbücher "Meine Jahre mit Hamburg-Heiner" (http://rimann.blogspot.de/), in dem wir seine Sprache imitierten und auch das von ihm verwendete Medium, den Blog, verwendeten. Denn "Meine Jahre mit Hamburg-Heiner" ist eine Zusammenstellung von verschiedenen Blogs Sven Regeners, zusammengefasst in einem Buch. Wenn ich die Reaktionen der Klasse und unserer Lehrerin richtig gedeutet habe, waren sie recht angetan von unserer Idee und der Umsetzung. Nun gilt es also, die gesammelten Erfahrungen zu gebrauchen, das bisherige Werk zu übertreffen und trotzdem etwas neues zu kreieren. Ich hatte den Blog über Sven Regeners (B)Logbücher fast wieder vergessen, doch jetzt kommen mit dem neuen Arbeitsauftrag wieder die Erinnerungen, wie ich dort mit meinem besten Freund bei ihm zu Hause am Schreibtisch saß und diesen Blog verfasste. Es fällt mir nicht leicht, mich von diesen Gedanken zu trennen und mich dem neuen Thema hinzugeben. Ich erinnere mich an die Kaffeepausen, die wir beim Bloggen machten und später kommentierten. Die Arbeit hat Spaß gemacht und ich hoffe, auch an dem neuen Projekt Freude zu finden. Dieses Mal ist der Druck jedoch größer. Die Aufgabe ist umfangreicher und die Erwartungen höher, da wir bereits einen Blog präsentiert haben. Außerdem wird die Note für dieses Halbjahr überwiegend durch die Umsetzung dieses Auftrages bestimmt. Das Thema, die Aufgabe, der Anspruch und die Relevanz; alles ist anders. Und doch ist es so gleich.

Auch Johann Wolfgang von Goethe hat sich zunächst mit dem Schaffensprozess befasst und seine "Zueignung" als ersten von drei Texten der Tragödie "Faust - erster Teil" vorangestellt. Die "Zueignung" entspricht einem inneren Monolog Goethes, in dem er sich mit einer vergangenen Zeit beschäftigt, die ihn in seinen Gedanken zu verfolgen scheint ("Ihr drängt euch zu!" (Johann Wolfgang von Goethe. "Faust - erster Teil". Vers 5). Es ist ein Gespräch mit Geistern, die sowohl "Bilder froher Tage" (Vers 9), also positive Erinnerungen, als auch "Schmerz" (Vers 13) und Befürchtungen in dem Dichter hervorrufen. Die Befürchtungen Goehtes scheinen sich insbesondere auf das Publikum zu beziehen, denn des Publikums "Beifall selbst macht [seinem] Herzen bang" (Vers 22). Es scheint auf den Dichter einen enormen Druck auszuüben, sodass er sich nach einem "längst [entwöhnten ...], stillen, ernsten Geisterreich" (Vers 25-26) sehnt. Einerseits kann dies bedeuten, dass er sich lieber vor dem Publikum in seine eigene Welt zurückziehen würde, anstatt seine Theaterstücke auf großen Bühnen zu präsentieren, was ihm aber aufgrund seiner Berühmtheit längst nicht mehr gelingt. Andererseits kann es sich auch um den Wunsch nach einem "stillen, ernsten" (Vers 26) Publikum handeln, welches er tiefsinnig berühren und nicht durch möglichst viel Sensation und Spektakel zu Applaus begeistern kann. Demzufolge wäre die letzte Strophe der "Zueignung" als eine Kritik an einem stumpfsinnigen Publikum zu verstehen, welches nicht mehr in der Lage und nicht Willens zu sein scheint, sich mit den ernsten Gedanken der Dichter auseinanderzusetzen.