Donnerstag, 22. März 2012

Zueignung

Es ist die Zeit nach dem Abitur. Die Schüler sind erleichtert, sämtliche Spannung  ist nach den schriftlichen Prüfungen und dem Vor-Abi-Stress abgefallen. Auch die Lehrer sind froh, dass sie sich nun Themen widmen können, die sie für interessant, das Bildungsministerium in Kiel jedoch nicht für wichtig genug halten. Die Arbeitsaufträge basieren auch nicht mehr auf den sechs Aufgabentypen, die wir als Vorbereitung auf die Abitur-Klausuren ständig wiederholt haben. So ist es nun ein Blog, den wir erstellen sollen. Darin sollen wir uns ausführlich und kontinuierlich mit dem Inhalt und der Sprache von Johann Wolfgang von Goethes "Faust - erster Teil" auseinandersetzen. Bevor ich nun aber mit der Auseinandersetzung mit Goethes Klassiker "Faust - erster Teil" beginne, versuche ich mich zunächst in dem Verfassen eines sogenannten Posts und probiere mich auf diese Weise im Bloggen. Schließlich ist es das erste Mal, dass ich alleine einen Blog verfasse. Zwar habe ich mit meinem besten Freund -  im übrigen auch für die Schule - bereits einen Blog verfasst, aber der Arbeitsauftrag war weniger umfangreich und freier formuliert. So sollten wir der Klasse auf kreative Weise ein selbst gewähltes Buch präsentieren. Mein bester Freund und ich erstellten daraufhin einen Blog über Sven Regeners (B)Logbücher "Meine Jahre mit Hamburg-Heiner" (http://rimann.blogspot.de/), in dem wir seine Sprache imitierten und auch das von ihm verwendete Medium, den Blog, verwendeten. Denn "Meine Jahre mit Hamburg-Heiner" ist eine Zusammenstellung von verschiedenen Blogs Sven Regeners, zusammengefasst in einem Buch. Wenn ich die Reaktionen der Klasse und unserer Lehrerin richtig gedeutet habe, waren sie recht angetan von unserer Idee und der Umsetzung. Nun gilt es also, die gesammelten Erfahrungen zu gebrauchen, das bisherige Werk zu übertreffen und trotzdem etwas neues zu kreieren. Ich hatte den Blog über Sven Regeners (B)Logbücher fast wieder vergessen, doch jetzt kommen mit dem neuen Arbeitsauftrag wieder die Erinnerungen, wie ich dort mit meinem besten Freund bei ihm zu Hause am Schreibtisch saß und diesen Blog verfasste. Es fällt mir nicht leicht, mich von diesen Gedanken zu trennen und mich dem neuen Thema hinzugeben. Ich erinnere mich an die Kaffeepausen, die wir beim Bloggen machten und später kommentierten. Die Arbeit hat Spaß gemacht und ich hoffe, auch an dem neuen Projekt Freude zu finden. Dieses Mal ist der Druck jedoch größer. Die Aufgabe ist umfangreicher und die Erwartungen höher, da wir bereits einen Blog präsentiert haben. Außerdem wird die Note für dieses Halbjahr überwiegend durch die Umsetzung dieses Auftrages bestimmt. Das Thema, die Aufgabe, der Anspruch und die Relevanz; alles ist anders. Und doch ist es so gleich.

Auch Johann Wolfgang von Goethe hat sich zunächst mit dem Schaffensprozess befasst und seine "Zueignung" als ersten von drei Texten der Tragödie "Faust - erster Teil" vorangestellt. Die "Zueignung" entspricht einem inneren Monolog Goethes, in dem er sich mit einer vergangenen Zeit beschäftigt, die ihn in seinen Gedanken zu verfolgen scheint ("Ihr drängt euch zu!" (Johann Wolfgang von Goethe. "Faust - erster Teil". Vers 5). Es ist ein Gespräch mit Geistern, die sowohl "Bilder froher Tage" (Vers 9), also positive Erinnerungen, als auch "Schmerz" (Vers 13) und Befürchtungen in dem Dichter hervorrufen. Die Befürchtungen Goehtes scheinen sich insbesondere auf das Publikum zu beziehen, denn des Publikums "Beifall selbst macht [seinem] Herzen bang" (Vers 22). Es scheint auf den Dichter einen enormen Druck auszuüben, sodass er sich nach einem "längst [entwöhnten ...], stillen, ernsten Geisterreich" (Vers 25-26) sehnt. Einerseits kann dies bedeuten, dass er sich lieber vor dem Publikum in seine eigene Welt zurückziehen würde, anstatt seine Theaterstücke auf großen Bühnen zu präsentieren, was ihm aber aufgrund seiner Berühmtheit längst nicht mehr gelingt. Andererseits kann es sich auch um den Wunsch nach einem "stillen, ernsten" (Vers 26) Publikum handeln, welches er tiefsinnig berühren und nicht durch möglichst viel Sensation und Spektakel zu Applaus begeistern kann. Demzufolge wäre die letzte Strophe der "Zueignung" als eine Kritik an einem stumpfsinnigen Publikum zu verstehen, welches nicht mehr in der Lage und nicht Willens zu sein scheint, sich mit den ernsten Gedanken der Dichter auseinanderzusetzen. 

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